Von Prokrastination zu Aktion | In 6 kleinen Schritten.
- Tessa Jeken
- 7. Juni 2022
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. Jan.

Wir kennt sie nicht, diese unliebsamen Dinge, die man unverständlicherweise immer vor sich herschiebt. Je länger man "schiebt", desto grösser und aufwendiger erscheinen sie, diese Aufgaben, die - seien wir ehrlich - weder schwer, kompliziert noch unlösbar sind. Und in der Regel hat man dafür auch immer einen Grund: keine Zeit, die Wohnung muss vorher noch geputzt oder emails gecheckt werden.
Jochen Mai nennt 5 Typen (der Einfachheit halber hier nur in der männlichen Form):
Der Saubermann
Der Panikmacher
Der Listenmacher
Der Multitasker
Der Internet-Junkie.
Gefühlt würde ich sagen, die Mehrheit der Teenager gehört zur Gruppe der "Internet-Junkies", definitiv nicht zu den "Saubmänner /-frauen"! Zu denen habe ich damals gehört, würde ich schätzen. Mein Studentenzimmer war nie sauberer als in den Momenten, in denen ich mich mit Prüfungsvorbereitungen hätte beschäftigen sollen. Heute ist das anders, das mit dem Putzen. ;-)
War das in Eurer Schulzeit vielleicht auch schon so? Lernen für Prüfungen auf den aller letzten Drücker, in langen Wochenend- und Nachtschichten durchgeackert, was man hätte schon längst vorher in aller Ruhe erledigt haben können? Ohne Zeitdruck? Und der Erfolg hat das das eigene Verhalten eigentlich noch bestätigt.
Meine Abiturvorbereitung war damals schon gewagt, wenn ich ehrlich bin. So richtig Vollgas gegeben habe ich eigentlich erst ein paar Monate vorher. Vier Abi-Fächer. Genau geplant, wie ich meine kurze verbleibende Zeit dafür aufteile. Selbstverständlich von früh morgens bis nachts. Ich war richtig organisiert, und fleissig. Und es hat noch ganz gut geklappt. Also alles scheinbar kein Problem. Oder jetzt, unsere Reise nach New York. Der Flug ist gebucht, das Hotel nicht. Die Freiheitsstatue sehen wir leider auch nur von aussen und unten. Die Tickets für die Krone sind selbstverständlich seit langem ausverkauft. Schade, diesmal hat es nicht funktioniert.
Was steckt dahinter? Manchmal ist es die Angst, in diesen Aufgaben zu versagen, seinen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Die Lösung scheint einfach zu sein.
Eine hohe Belastung und ein starker Druck sind weitere übliche Begründungen für das Aufschieben. Diese Komponenten nehmen uns die Freiräume. Wir fühlen uns getrieben und rasen gefühlt durch den Tunnel, um einfach am anderen Ende anzukommen. In dieser Phase wählen wir Aufgaben, die uns Spaß machen und die zudem leicht von der Hand gehen. Neue oder schwierige Aufgaben verlieren im Wettbewerb und werden geschoben. Wenn dieser Mechanismus öfter greift, entsteht eine oft lähmende Angst vor den Aufgaben. Wir finden keinen Zugang dazu und geben daher schnell auf. Demotivation ist die Folge und unsere generelle Leistungsfähigkeit sinkt. Das Aufschieben wirkt dann wie eine wundersame Besserung, schafft Erleichterung und schmälert dieses unangenehme Gefühl.
Aus den Augen, aus dem Sinn.
Das funktioniert leider nicht wirklich. Wir können uns unsere Aufgaben nicht immer aussuchen. Jeder von uns hat Dinge vor sich liegen, die weder Spass machen noch einfach sind. Gerade in der heutigen Zeit sind wir Arbeitnehmer:innen mehr denn je herausgefordert, im Wandel, stehen vor neuen Aufgaben und Situationen, in einer schnelllebigen Arbeitswelt. "New Work", Flexibilität, Lebenslanges Lernen, Change. Das ist die neue Realität. „Dafür habe ich jetzt zu wenig Zeit“ ist out of date. Es sollte eher heissen "Ok, ich schaue mir an, was ich in der Zeit schaffen kann. Und ich schaffe das."
Was zähmt das Biest, den Hund, der uns langfristig nur Zeit und Energie kostet?
Die Kraft der kleinen Schritte.

Augen zu und durch - einfach machen! Es muss nicht immer sofort das Matterhorn sein. Plane in kleinen Schritten. Sie führen Dich auch zum Erfolg. Ich liebe die Skizzen von Liz Fosslien, sie sind so einfach und herrlich eindrücklich. Jede noch so kleine erklommene Stufe ist ein Erfolg, und den darfst du auch so sehen. Sei stolz darauf. Du bist gestartet! Du hast nicht aufgeschoben, sondern den "Hund" zur Seite gedrängt.
Plane sorgfältig, was genau Du wirklich tun möchtest, was notwendig und was nicht notwendig ist. Oft sind die Dinge, die wir vorhaben, gute Ideen, aber gar nicht so komplex und riesig wie es scheint. Priorisiere. Was ist wirklich nötig? Was kannst du einfach mal sein lassen? Plane feste Zeitpunkte oder Zeitspannen. Ich nutze dazu viel meinen Outlook-Kalender, plane mir einen Termin inkl. Erinnerung. Die Zeit ist vergeben, für alle sichtbar. Das klappt zwar auch nicht immer, aber sehr oft. Genauso plane ich auch die Zeiten, in denen ich nicht arbeiten möchte, Zeit für mich, Time Out. Das ist meine Belohnung. Belohne auch Dich. Du hast einiges geleistet.
Plane realistisch. Verabschiede Dich vom Perfektionismus. Als Working Mom (oder Dad) bist Du oft hin- und hergerissen zwischen 2 Vollzeit-Jobs, in denen Du perfekt sein möchtest. Weder Kinder, Haushalt noch (bezahlter) Job sollen vernachlässigt werden, keine Freizeitaktivität der Kids ausgelassen, keine Teamsitzung verpasst, kein Kinder-Taxidienst abgelehnt, kein Zahnarzt-Termin verschoben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als mein Sohn, im Kindergarten, freudestrahlend auf mich zukam und ganz herzerweichend erzählte, sie würden einen "Wellness-Morgen" für die Mütter veranstalten, Freitag morgen 10:00 Uhr. Freitag morgens war eigentlich mein freier Tag, aber eben mein Joker-"Arbeitstag", an dem ich brav im Homeoffice alle Kindertaxi-Dienste et al. wieder reinarbeitete.
„Alle Mütter kommen. Mama, es gibt eine Überraschung (Lavendelfussbad) und selbst gemachte Kekse.“
Er wusste ja, wie gehetzt ich immer war, und wollte mich damit endlich mal verwöhnen. Er war richtig stolz! Er wusste nicht, dass mich das noch vor dem Fussbad ziemlich zum Schwitzen gebracht hat. - Ich habe es gelöst. Nichts muss immer perfekt sein.
"Scheitern ist die Vorstufe des Erfolgs", Albert Einstein.
Akzeptiere Fehler. Ohne Fehler lernen wir nicht, sind auch nicht erfolgreich. Ohne seinen festen Glauben an die fehlerhaften Berechnungen seines Geografen hätte Christoph Kolumbus Amerika nicht entdeckt. Ob dies nun wirklich ein Erfolg war, ist heute eher umstritten. Aber zumindest damals war es einer. Es braucht eine viel offenere Fehlerkultur, in Unternehmen, in der Gesellschaft und auch in uns selbst.
„Ich brauche immer diesen Druck, um gut zu arbeiten.“
Sagst du das oft? Ich höre mich das auch ab und zu sagen. Aber eigentlich möchte ich nicht unter Druck arbeiten. Und schon gar nicht unter Druck, der von aussen kommt. Das mag ich nicht und brauche ich eigentlich auch nicht. Besser ist es doch, mir kleine Meilensteine zu setzen: „Bis morgen Abend schreibe ich den Artikel fertig. Ich mache das, weil es mir Spass macht.", „Bis spätestens Montag habe ich ein Hotel in New York gebucht. Vorfreude ist am schönsten".
Setze Dich nicht unter Druck. Statt Dir "Druck" zu machen, sei Dir lieber bewusst, dass es reicht, Deinen "inneren Mechanismus" zu ändern. Du musst gar nichts. Besser: Du kannst entscheiden, etwas anders zu machen. Du darfst Dir jetzt die Zeit nehmen für Deine Aufgaben. Mit Deiner Sprache bzw. Wortwahl kannst Du viel beeinflussen. "Müssen" empfinde ich persönlich als zu negativ, zu stark konnotiert mit "Druck".
Je grösser unser Vorhaben ist, desto lautstarker meldet sich unser/e innere/r Kritiker:in.
Den Staus Quo zu wahren, das ist das Ziel. Dein innerer Kritiker ist sehr geschickt darin, ein kleines Stück der Wahrheit zu nehmen, zu verdrehen, zu verzerren, um daraus ein gutes überzeugendes Argument zu basteln gegen Deine Ideen und Pläne.

Wenn du den verflixten inneren Mechanismus erkennst, ist der erste Schritt gemacht. Sei Dir bewusst, welche "Stimme" zu Dir spricht. Oft verlieren Dinge Ihre Dominanz, wenn Du sie beim Namen nennst, sie aussprichst. Unterhalte Dich mit Deinem "Inneren Schweinehund". Gib ihm/ihr einen Namen. Der Vogel meiner Schwester hiess Klaus-Bärbel. Super fortschrittlich, wenn man bedenkt, dass das schon fast 40 Jahre her ist. Genderneutral, einfach zu merken und zaubert mir heute noch ein Lächeln auf's Gesicht. Klaus-Bärbel. Herrlich.
Nimm Deinem/r Klaus-Bärbel den Wind aus den Segeln, in dem Du zu erkennen gibst, dass du ihn/sie durchschaust. Nimm ihm die Macht. Sag ihr, du brauchst sie nicht. Du wirst sehen, wie Dir das Energie zurückbringt, Dich positiv auf die Aufgaben zugehen lässt.
Im Co-Active Coaching werden diese inneren Alarm-Stimmen als Saboteure bezeichnet, die unser Handeln einschränken oder begrenzen. Sie kommen mit guter Absicht. Im Kindesalter dienen sie uns, uns vor emotionalen oder körperlichen Schäden zu bewahren. Sie meinen es gut. Je älter wir werden, je mehr Erfahrungen wir machen, desto mehr reifen wir und werden selbständiger darin, uns zu beschützen. Aber diese Stimmen bleiben gerne unsere Begleiter, unser Leben lang. Sie sprechen ständig zu uns, zumindest versuchen sie es.
Was sagt Dein Saboteur zu Dir?
"Du bist nicht gut genug! Die anderen sind sowieso besser als Du!"
"Da brauchst Du Dich gar nicht erst zu bewerben. Es gibt viele anderen mit besseren Qualifikationen!"
"Das ist viel zu gewagt. Die wirst scheitern, wenn Du das versuchst."
"Du bist zu alt dafür."
Letztendlich komme ich auf Klaus-Bärbel zurück. Unser Saboteur muss verstehen, dass wir uns selbst beschützen können. Gib ihm keinen Raum. Aber nimm Dir die Zeit, ihn zu identifizieren, Dir vorzustellen, wie er aussieht. Mann, Frau, Zauberer, Meerjungfrau, Tiger, Frosch, Gewitterwolke oder Schwiegermutter? Frage Dich: Wann taucht er auf? Was sagt er zu Dir? Hat er eine Stimme? Wie kannst Du ihn wahrnehmen? Gib ihm einen Namen - aber nur, damit Du ihn recht schnell in seinen Schranken verweisen kannst, wenn er auftaucht! - Klaus-Bärbel, du hast keine Chance!
Coaching kann Dir helfen, Deine Mechanismen zu erkennen und zu lernen, sie zu verändern. Denn genauso wie den Saboteur hast du viele andere innere Verbündete, die Dir helfen auf Deinem Weg vorwärts. Die Dir helfen, die Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Sie verhelfen Dir zu einer Multi-Subjektivität, um Dein Vorhaben differenzierter zu betrachten. - Melde Dich gerne für eine Probe-Sitzung.
Plane in kleinen Schritten.
Priorisiere.
Akzeptiere Fehler.
Setze Dich nicht unter Druck.
Gib Deiner/m inneren Kritiker:in einen Namen.
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